Olive Oil | Terre Sofia | Laurino | Italy

My friend and the discovery of his grandfathers‘ olive trees in the south of Italy

Written into my diary on November the 17th 2019 after our trip to Laurino. 

Pictures at the end of this article. . 

„Wer hätte all das gedacht! All das, was wir innerhalb von 4 Tagen erfahren, gelernt und erlebt haben!
All das, was an Gedanken, Ideen, Projekten initiiert wurde, seitdem wir eine Flasche Olivenöl meinen Kollegen zum Probieren in die Kaffeküche gestellt haben.

Vor einer Woche sind wir losgeflogen, nach Süditalien, komplett unwissend darüber was uns erwarten würde und komplett unwissend über die Welt der Oliven und des Öls. Eine so große Welt! Eine so große Welt, fast so wie die der Trauben und des Weins, allerdings so viel unbekannter.
Warum?
Das habe ich mich die ganze Zeit gefragt und das habe ich mich umso mehr gefragt, je mehr ich in den 4 Tagen über die Welt der Oliven gelernt habe.


Mit unserer Reise nach Napoli- Salerno haben mich meine Freunde Franziska und Francesco in ein kleines Bergdorf gebracht, in ein Italien, was ich so noch nicht kannte, obwohl ich einiges von Italien kenne.
In ein Italien, wo jeder Selbstversorger ist, wo keine Industrie ist, wo jeder jeden kennt, wo 200 Menschen leben, die über 100 Jahre alt sind.
Ein kleines Bergdorf in Kampanien, 1 ½ Stunden von Salerno entfernt, wo man in der Talebene an einer Käserei neben der anderen entlang fährt und überall frischer Büffel-Mozzarella noch per Hand hergestellt wird. Morgens um 4 Uhr!!

 
Das kleine Bergdorf ist in Francesco’s Kindheit seine Heimat im Sommer gewesen.
Die langen Sommerferien von 3 Monaten, in denen er im Einklang mit der Natur und den Menschen vor Ort viele schöne Erlebnisse hatte, sind für ihn zu unvergesslichen Erinnerungen geworden  und binden ihn wohl deshalb ganz besonders an dieses Land. Wahrscheinlich auch die Tatsache, dass dieses Land – ein einsames Haus inmitten von Olivenhainen und Feigenbäumen, mit Blick über die Berge bis hin zum Meer der Amalfiküste – einen besonderen emotionalen Wert hat, da es das Land von seinem verstorbenen  Adoptiv-Vater und gleichzeitig die Heimat von seinem Opa ist.

1890 wurde ein Teil der Olivenbäume rings um das Haus angepflanzt.
Das haben wir erfahren.
Das und so viele andere Informationen kamen nach und nach ans Licht und in unser Bewusstsein, je länger wir uns mit den Menschen vor Ort unterhalten haben. Francesco’s Opa und seinen Adoptiv-Vater können wir ja nicht mehr fragen, sie sind vor vielen Jahren verstorben.
Bei wie vielen Menschen saßen wir zu Hause bei „caffè“ und „dolci“ und haben uns über die Oliven, die Bäume, die Anpflanzung, die Pflege, die Weiterverarbeitung der Früchte in der Mühle und über die Ernte erzählen lassen. Es waren so viele Häuser und Menschen, dass ich sie gar nicht mehr alle zusammen bekomme!

Da waren Zio Peppino und Zia Mari, die nebenan wohnen und die für sich und ihren alleinigen Verbrauch Wein anbauen, Olivenbäume pflegen, 2 Schweine halten – die geschlachtet werden, sowie 12 Hühner. Bis vor kurzem hatten sie sogar noch einen eigenen Büffel (wie viele Menschen hier), von dessen Milch sie selbst Büffel-Käse hergestellt haben. Und natürlich kümmern sie sich Tag ein, Tag aus, um ihren riesigen Gemüsegarten, eben um all das, was man „campagna“ (Land) nennt.
Die beiden sind Ende 80.

Genauso wie Zio Peppo und Zia Gina, Ende 80 (!), sie haben uns geholfen und gezeigt, wie die Oliven rund um Francesco’s Haus geerntet werden.

Und dann waren da noch Zio Umberto, 92 Jahre und so viele mehr „Onkels“ und „Tanten“, alle um die 90 Jahre!!

Das ganze kleine Bergdorf Laurino besteht aus älteren Menschen – den Menschen, die sich noch selbst um ihr eigenes Land kümmern – und den Menschen, deren Kinder alle weggezogen sind – in die Städte oder ins Ausland.

Viele erzählten uns nicht nur von den Oliven sondern auch von Geschichten aus Amerika und Australien, aus Deutschland und Frankreich. Ihre eigenen Geschichten, oder die ihrer Kinder.

Und bei all diesen Geschichten konnte man eine Leidenschaft, eine Verbundenheit und ein großes Wissen wahrnehmen, das sie hatten – zu ihrem eigenen Land, der „campagna“, und zum Anbau und den Pflanzen, die um sie herum wachsen.

Bananen und Stress, das kennen sie nicht.
Nie gegessen, nie gehabt.
Nur Arbeit, in ihrem ganzen Leben. Erzählt uns Zia Gina.
Und mit dieser Arbeit verbunden ist das bei uns so sehr verlorengegangene Wissen über das, was wirklich gesund ist, was „genuino“ ist, wie sie es nennen.

Die Qualität von Obst und Gemüse, von Milch und Fleisch, damit kennen sie sich aus. Denn niemals würden sie auf die Idee kommen ihre Pflanzen, ihre Bäume, ihre Tiere mit Chemie – mit Gift – zu behandeln.

Die Olivenbäume rings um Francesco’s Haus werden ab und zu mit Mist gedüngt. Das tut den Bäumen gut, erklären sie uns. Es ist der Mist vorallen von den Büffeln, aber auch von Hühnern und Schweinen. Die fressen Eicheln oder frische Feigen oder Kaki.
Klar, dass dann auch die Bäume gut wachsen müssen, denke ich mir. 🙂

Als wir versuchen herauszufinden, was das für Oliven sind, die um Francesco’s Haus herumstehen, hören wir von all diesen alten Leuten aber auch von den Cousins, von den Mühlenbetreibern, von den Barbesitzern, von Bekannten, die wir auf der Straße treffen einstimmig eins:

„Buone“.
„Queste sono olive molto buone“.
„Questo è medicina“.

Sie erklären uns, dass sich die Bergdörfer rund um Laurino auf über 500 Meter über dem Meeresspiegel befinden, dadurch sei die Luft kühler und dadurch werden die Olivenbäume weniger von Insekten befallen und leiden damit weniger unter dem klimatischen Wandel als unten im Flachland. Dort gab es dieses Jahr Ernteeinbußen von 75% und die großen Ölproduzenten kaufen ihre Oliven aus Griechenland und Spanien hinzu.

Daher versuchen die Produzenten im Flachland ihre Bäume zu schützen, indem sie vor der Blüte chemische Mittel spritzen und danach Insektizide.

Das sei hier oben alles nicht nötig. 
Und außerdem werden alle Oliven hier oben ja sowieso nur für den eigenen Verbrauch, für die Familie, geerntet.


Kein Kommerz – keine Chemie.


Niemand will sich dort oben vergiften.
Alles wird so verzehrt, wie es dort oben wächst und wie Gott es erschaffen hat.
Das habe ich gelernt.

Und dass jeder seine eigene Theorie darüber hat, wann der beste Zeitpunkt zur Ernte ist, ob früher oder später, ob mehr Öl gewonnen werden soll oder stattdessen mehr Qualität.
Ob ein Olivenöl gesund ist oder nicht, liegt daran, ob es Polyphenole enthält, natürliche Antioxidantien, die die Körperzellen schützen.

„Damit wäre es eine Art Anti-Aging-Mittel und kann Cholesterin senken.“

Das erklärt uns einer der Mühlenbesitzer, mit denen wir sprechen und wir finden heraus, dass er Chemieprofessor ist und der Chef des Internationalen Öl-Rats, die Premium-Olivenöl verkosten und zertifizieren.


Wieviele Polyphenole enthalten sind,
hängt vom Erntezeitpunkt ab und davon, wie es verarbeitet wird.

Erst wenn man selbst einen ganzen Tag lang auf der Wiese steht und Netze spannt, – sie so um die Bäume herumlegt, dass keine Löcher entstehen, – und erst, wenn man die vom „rastrello“ heruntergefallenen Oliven zu großen Haufen ansammelt, um sie von Blättern und Ästen zu befreien, – erst dann fängt man an ein Gefühl dafür zu bekommen, wieviel Arbeit in diesem Öl steckt.


In diesem Öl, das wir in der Regel einfach blind im Supermarkt kaufen. Indem wir zu einer Flasche ins Regal greifen, am besten zu der, die nicht ganz billig ist, aber auch nicht zu der ganz teuren. Zu der greifen wir, legen sie in unseren Einkaufskorb und haben keine Ahnung, was wir da gerade kaufen. Und wen oder was wir damit unterstützen.

Ob Medizin oder Chemie.
Ob Kleinbauer oder Großproduzent.
Ob Massenproduktion oder Qualitätsproduktion.
Ob mit High-Tech Maschinen auf Großplantagen geerntet wurde und ich damit die industrielle Landwirtschaft unterstütze, wo durch Monokulturen die Böden komplett ausgelaugt sind und auf natürliche Art eigenlich nichts mehr wachsen kann.
Oder ob die Oliven mit der Hand geerntet wurden – so wie Zio Peppino es macht –  und dafür mehrere Wochen braucht.

An einem Tag, von morgens um 8 Uhr bis abends um 17 Uhr haben wir mit 5 Leuten (Franziska, Francesco, Zia Gina, Sohn Pasquale und ich) 19 Bäume geerntet – das waren 16 Kisten, die wir mit Zio Peppo’s kleinem Hinterlader in die 500m weiter entfernte Steinmühle gebracht haben. Dort wurden aus den insgesamt 500kg Olivenfrüchten unsere ersten 75 Liter Saft gepresst, das heißt 70 kg Öl.
95 Liter war unsere erste „Bestellung“ von den Kollegen aus Deutschland, das heißt jemand muss weiter ernten. Es stehen noch viele Bäume auf der Wiese, aber die nächsten 3 Tage ist Regen gemeldet und somit kann nicht geerntet werden.

Denn auch das mussten wir lernen – nicht nur, wie sehr man bei der Ernte vom Wetter abhängt, sondern vorallem welche Kosten damit verbunden sind.
Man braucht Menschen, die zur Ernte kommen.
Man braucht Netze, Geräte, Kisten, jemanden, der die Kisten mit einem Lade-Fahrzeug in die Mühle fährt,
man braucht Kanister, um das Öl aus der Mühle abzufüllen,
man muss den Mühlenbetreiber bezahlen,
man muss 5L Kanister kaufen
und man muss sie per Hand aus den 20L Kanistern der Mühle befüllen.
All das kostet.

Und wer hat sich schon Gedanken über den Transport gemacht?
Laurino ist ein kleines Bergdorf, man fährt eine Kurve nach der anderen, über eine Stunde, um dort hinzukommen. Keine Spedition der Welt kommt bis hier her!
Irgendjemand muss ausfindig gemacht werden und ein Fahrzeug zur Verfügung stellen, damit unsere 75L Öl ins nächst größere Dorf oder bis nach Salerno gebracht werden, damit die Spedition sie dort abholen kann.
Was das alles kostet….das finden wir jetzt erst heraus.

Denn jeder Verwandte, und sei es ein „Zio“ oder ein „cugino“ will ja auch bezahlt werden, für den „Gefallen“, den er uns tut. 
Aber nicht nur die Kosten, auch der organisatorische Aufwand wird uns jetzt erst bewusst.
In 3 Tagen reisen wir wieder ab und können wegen dem Regen nicht weitern ernten. Das heißt Francesco muss für alles Leute organisieren, die für uns diese Arbeiten erledigen.
Und das aus der Ferne aus Deutschland, – da braucht man gute Kontakte. Und vorallem verlässliche.


So viel Potential steckt in diesen Olivenbäumen rund um Francesco’s Haus, denke ich mir.
So viel Potential, wenn sich jemand darum kümmert und es in die Hand nimmt.
Wer von uns aus den Städten will denn noch dieses ganze Chemie-belastete Essen aus der industriellen Landwirtschaft, das nicht nur unsere Körper, sondern vorallem auch unsere Erde kaputt macht!? Wer träumt denn nicht davon, sich ernähren zu können und so im Einklang mit einer sauberen Natur leben zu können wie Zio Peppino und Zia Mari, Zio Peppo und Zia Gina, und all die anderen 90jährigen…?!


Wie kann man dieses Potential nutzen, frage ich mich.
Fragen wir uns.
Viele Fragen kommen uns.
Sehr viele.
Die schwierigste Frage ist die, die sich das ganze Dorf stellt.
Oder die, die sich niemand stellt?!
W E R   erntet all diese Oliven?
All diese Oliven von den alten Menschen?

Die Dörfer sind verlassen, die junge Generation – unsere Generation – macht diese Arbeit nicht mehr. Was wird aus Laurino und den ganzen Olivenbäumen in Zukunft?
Das fragen wir uns.

Kann man es mitverantworten, dass dieser so unbeschädigte, so authentische, so von der Industrie unberührte Ort einfach ausstirbt und damit auch sein Potential?
Oder könnte man einen Weg finden, wie das, was diese wunderschöne unberührte Natur dem Bergdorf schenkt, nicht verkommt, sondern wertgeschätzt wird?
Wertgeschätzt von den Menschen aus der Stadt, die sonst nur Büro’s, Industrie, Fabriken, geschlossene Räume, Kantinenessen, Massentierhaltung, Monokulturen, Zement, Verkehr, Abgase und Chemie-belastetes Essen kennen?

Viele Fragen gibt es.

Die einzige sichere Antwort, die ich habe, ist die, dass diese 4 Tage in Laurino meine Perspektive verändert haben.

Meine Sicht zu den Italienern, 
meine Sicht zu  90 jährigen,
meine Sicht zum Leben,
meine Sicht zu natürlichem Anbau, zu Francesco’s Leben, zur Zukunft und natürlich
– zu den Oliven.

 

Meinen Freunden Franziska und Francesco bin ich sehr dankbar für diese Reise. Und all die gemeinsamen Entdeckungen.

Ich freue mich jetzt schon, wenn wir UNSER hart erarbeitetes Olivenöl hier zusammen in Deutschland verkosten können – und uns dabei an Laurino erinnern! :)“

Die Erntehelfer aus Laurino freuen sich, wenn ihr ihre Arbeit wertzuschätzen wisst: 

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