Eigentlich möchte ich mit meiner Initiative Vitamin N vor allem Kleinbauern ohne Zertifizierung unterstützen.
Wann aber gilt ein Bauer als Kleinbauer?
Ab wann sprechen wir in Deutschland von einem Großbetrieb?
Und vor allem: ab wann sprechen wir von „Industrieller Landwirtschaft“?
Dieser Begriff „Industrielle Landwirtschaft“ ist für mich negativ belegt. Einige von euch haben mir auf Instagram geschrieben, was sie damit gedanklich verbinden:
„Großkonzerne, Pestizide, Chemie-Belastung, Massenproduktion, Zerstörung des Planeten, Ausbeutung“
Die Abgrenzung zwischen dem, was ein Kleinbauer ist und was ein Großbetrieb, das ist gar nicht so einfach zu definieren. Das wurde mir erst bewusst, nachdem ich auf Instagram dazu aufgerufen habe, deutsche Kleinbauern zu unterstützen. Daraufhin hat mich Jonas Schulze Niehoff gefragt, was ich denn genau unter Kleinbauer verstehen würde.
Jonas ist Landwirt. Im Osten von Deutschland.
Dort, wo er seinen Hof hat, herrschen andere Dimensionen.
Wer schonmal im Osten von Deutschland war, der weiß, dass dort alles gigantisch ist. Ackerflächen so weit das Auge reicht!
Jonas hat seinen Hof in Wanzleben in der Magdeburger Börde. Sein Vater, der ursprünglich aus der Gegend von Münster kommt, hat den Hof nach der Wende gekauft. Zu DDR-Zeiten hat die LPG den Hof zu einem Industriebetrieb heranwachsen lassen, um Rinder und Schweine in Massenaufzucht großzuziehen.
Nach der Wende standen auf dieser Fläche in Wanzleben riesige Hallen und Ställe. Jonas Vater hat gleich zu Beginn auf BIO umgestellt und angefangen Kulturen wie Kartoffeln und Weizen mit neuen landwirtschaftlichen Methoden anzubauen. Auch mit Grünkern hat er Anfang der 90er Jahre experimentiert bis plötzlich der Markt zusammengebrochen ist.
Jonas hat den Hof vor einigen Jahren übernommen. Seitdem probiert er viel Neues aus. Zwischenzeitlich hatte er bis zu 15 verschiedene Kulturen auf seinen Äckern stehen. Seine letzten erfolgreichen Experimente sind die beiden Kulturen, von denen ich absolut begeistert bin:
Kichererbsen und Quinoa!!!!
Wahrscheinlich ist Jonas einer der ersten in Deutschland gewesen, der vor 3 Jahren Kichererbsen im BIO-zertifizierten Anbau auf dem Acker stehen hatte.
Wenn wir einen Beitrag dazu leisten können, dass die von uns in Deutschland konsumierten Kichererbsen nicht aus der Türkei und Quinoa nicht aus Bolivien kommen müssen, dann finde ich das unterstützenswert!
Da rückt dann auch die Frage nach dem Kleinbauern in den Hintergrund, denn eins habe ich durch meinen Besuch bei Jonas verstanden:
Die Definition von Größe ist abhängig davon, womit wir es vergleichen.
Mit einer Fläche von 400 Hektar gilt Jonas Betrieb in der Magdeburger Börde nicht unbedingt als Großbetrieb. Im Vergleich zu süddeutschen Ländereien mit 20-50 Hektar hingegen ist sein Betrieb gigantisch. Wie immer ist es also auch hier eine Frage der Perspektive.
Bei meinem Besuch im Mai habe ich mir selbst von der Größe ein Bild gemacht und mir angeschaut wo und wie unsere deutschen Kichererbsen und unser deutsches Quinoa wachsen. Die vielen negativen Gedanken zum Thema „Industrielle Landwirtschaft“ kann ich nach dem Besuch auf Jonas Hof nicht bestätigen.
Was ich hingegen bestätigen kann, ist dass mir das Gedankengut von Jonas gefällt. Das finde ich nämlich genauso gigantisch wie seinen Hof.
Über unser globales und teilweise absurdes Handelsnetz, die Masse von exotischen Lebensmitteln in deutschen Supermärkten, den Preisdruck auf Landwirte und die Auswirkungen auf unsere Gesellschaft – darüber haben wir uns unterhalten.
In diesem ganzen Geflecht sucht Jonas seinen Weg und versucht seinen eigenen Beitrag zur ökologischen Lebensmittelversorgung in Deutschland zu leisten. Das Ergebnis davon steht auf seinem Acker und in meinem Showregal (und im Küchenschrank ;)).