Ein absolut beeindruckender Ort

Mouans-Sartoux.

Ein besonderer Ort. Mit besonderen Menschen. Und mit einem besonderen Projekt. Ganz im Süden von Frankreich, in der Nähe der Côte d’Azur.

Vorbildlich ist dieser Ort, mit diesen Menschen und diesem Projekt für ganz Frankreich, für Deutschland, für Europa. Und für Marburg. 

Es war eine große Ehre für mich, als ich die Einladung bekommen habe, stellvertretend für die Stadtverwaltung Marburg an dieser Lernreise teilzunehmen. Lernen zu können begeistert mich immer – vor allem, wenn ich von anderen Menschen, ihren Zielen, und ihren Projektumsetzungen lernen kann.

Die Menschen in Mouans-Sartoux, d.h. die Stadtverwaltung (!), verfolgt ein besonderes Ziel und hat diesbezüglich viele Projekte in den letzten Jahren umgesetzt. 

Lokale Ernährungssouveränität – so heißt ihr selbstformuliertes Ziel. 

Wie ein „theoretisches Konzept“ mit Leben gefüllt werden kann – das habe ich dort gelernt. Alles was ich bisher an Ideen für unseren Stadtteil Wehrda in meinem Kopf hatte, wurde in Mouans-Sartoux bereits umgesetzt! Umso größer ist nun meine Motivation, diese Ideen für Wehrda mit noch größerem Engagement voranzutreiben. 

Was war das beeindruckendste an diesem Ort? 

Hier teile ich mit euch einige Entdeckungen:

  1. Der Wille nach Unabhängigkeit!
    Mouans-Sartoux ist ein Zusammenschluss von 2 ehemals getrennten kleinen Gemeinden in der Nähe von Cannes. Ihre Geschichte ist geprägt von dem Willen nach Unabhängigkeit von großen Mächten. Dazu gehören: Die Wasserprivatisierung, die Automobilindustrie, Großkonzerne, Welthandelsunternehmen und ganz aktuell:
    weltweite Fastfood und Supermarkt-Großketten. 
    Die Menschen in Mouans-Sartoux wollen das alles nicht. Sie wollen stattdessen selbst bestimmen und unabhängig bleiben. Dazu beteiligt die Stadtverordnung die Einwohner nach dem Partizipationsprinzip – und stellt die Interessen der Bewohner über die der Lobbys.

  2. Lokaler Gemüseanbau für alle öffentlichen Kantinen!
    Alle Kantinen von öffentlichen Bildungseinrichtungen (Schulen, Kitas) werden mit 100% biologisch angebauten Lebensmitteln versorgt. 80% davon aus eigenem Anbau – direkt vor Ort!! Dazu hat die Komune eine Stadt-Landwirtschaft aufgebaut und Gärtner eingestellt, die sich um den Gemüseanbau für die Kantinen kümmern.

     

  3. Keine Lebensmittelverschwendung!
    Die Komune ist sehr nah dran an dem Ziel 0% Lebensmittelverschwendung in öffentlichen Kantinen. Alle Schüler/Kinder sind aufgefordert ihre Portionsgröße zu wählen (dazu gibt es verschiedene Beispielteller), ihre Essensreste müssen sie eigenständig entsorgen und dabei werden die Abfälle gewogen. Aus der Menge der Speiseabfälle lernen die Köche, was sie beim nächsten Menü verändern müssen.

     

  4. Eigene Köche in Bildungseinrichtungen!
    Jede Schule/Kita hat ihre eigene Küche und eigene Köche. Nichts (!) kommt aus der Großproduktion. 

  5. Soziale Integration!
    Vom Samen bis zur Gemüsepflanze – alles entsteht vor Ort! Die Stadt fördert ein Sozialgarten zur Reintegration von Arbeitslosen, die im örtlichen Landwirtschaftsbetrieb mitarbeiten. 

  6. Familiengärten!
    Die Stadt finanziert zu 100% das Angebot von 20 Familiengärten, in denen die Einwohner selbst ihr Gemüse anbauen können. 

  7. Lokale Kompostsysteme!
    Die Stadt stellt Kompostieranlagen für die Bewohner eines Stadtviertels. Den kostenlosen selbstgenerierten Kompost können die Bewohner zur Pflanzendüngung verwenden.   

  8. Bildungshaus für nachhaltige Ernährung!
    Die Komune hat mit städtischen Mitteln ein Ernährungsbildungshaus aufgebaut, in dem Lehrgänge und Events rund um das Thema Lebensmittelversorgung stattfinden.

Mouans-Sartoux hat 10.000 Einwohner. Es gibt 3 Schulen mit über 1.000 Schülern und mehrere Kindergärten/Kitas. Die Stadtverwaltung finanziert nicht nur sämtliche Projekte zur Erreichung der Ernährungssouveränität, sondern sie initiiert sie sogar selbst. Sie pachten Flächen, stellen Gärtner ein, finanzieren den lokalen Gemüseanbau, fördern die gesellschaftliche Partizipation von sozial schwächer gestellten Einwohnern, sie investieren in Ernährungsbildung und schließen sogar ganze Straßen für den Autoverkehr, um sie zu begrünen!  

Was kann in einem einzigen Ort alles möglich sein!

Was davon könnte in Wehrda möglich sein? Ich habe da so ein paar Ideen. 😉

Im Rahmen des Ernährungsrates plane ich einen neuen Arbeitskreis aufzubauen, in den die Erkenntnisse aus Mouans-Sartoux einfließen sollen. „Marburger LebensMittelPunkte“ soll er sich nennen – und bei uns in Wehrda startet das Pilotprojekt! 

Worum es dabei genau geht, werde ich demnächst hier mit euch teilen – oder ihr kommt zum offenen Treffen des Ernährungsrates – zum Beispiel morgen um 13 Uhr vor dem KFZ in Marburg! 🙂

Mein besonderer Dank für diese Erkenntnisse gilt dem Deutsch-Französischen Zukunftswerk. Sie haben im Auftrag der deutschen und französischen Regierungen diesen länderübergreifenden Lernaustausch ins Leben gerufen. Für mich ist ihre Arbeit unendlich wertvoll. 

Eure

           Tanja

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