Fisch. Soll gesund sein.
Sollen wir mindestens 1x in der Woche essen. Soll wertvolle Omega 3 Fettsäuren enthalten. 
Das höre ich immer wieder. Und das war’s dann auch schon. Viel mehr höre ich zu diesem Thema eigentlich nicht. Oder höre ich nur nicht richtig hin? Oder lese ich nicht ausreichend Informationen? Oder hat mich dieses Thema bisher einfach nicht beschäftigt?

Dass ich mich überhaupt seit neuestem mit diesem Thema auseinandersetze, habe ich der Slow Food Youth Akademie zu verdanken. Ein ganzes Wochenende – von Freitag 20.08. bis Sonntag 22.08.2021 – habe ich an der Ostsee mit 24 anderen jungen Leuten auf der Lotseninsel verbracht. Auf dieser kleinen Insel bei Schleihmünde, gibt es nichts anderes als einen kleinen Sporthafen, einen Leuchtturm und ein Tagungshaus. 3 Tage lang haben wir uns dort mit dem Thema „Fischerei und Zukunft der Meere“ beschäftigt. Dabei ging es um die Frage „Können wir Fisch mit gutem Gewissen essen?“. Es stand nicht die gesundheitliche, sondern vielmehr die ökologische und gesellschaftliche Frage im Vordergrund. 

Was mich wirklich geschockt hat, war die Erkenntnis, dass wir alle über dieses Thema eigentlich nichts zu wissen scheinen. Nachdem was ich an diesem Wochenende gelernt habe, brannte in mir immer mehr die Frage danach, warum niemand in den Medien darüber berichtet, warum ich (und vermutlich auch andere Menschen) vorher noch nie etwas über das Thema gehört haben und warum wir alle immer mehr für eine ökologische und nachhaltige Landwirtschaft sensibilisiert werden, aber nicht für das Thema der Fischerei. 

Vielleicht liegt die Antwort darin, dass Fleisch einfach viel präsenter und fast tagtäglich auf unseren Tellern ist (auch in Form von Wurst!) und wir daher diesem Lebensmittel mehr Aufmerksamkeit widmen. 
Oder vielleicht liegt die Antwort darin, dass das Meer einfach viel zu weit von den meisten entfernt ist, sodass es keine Aufmerksamkeit auf sich zieht. 
Oder vielleicht liegt die Antwort darin, dass es bestimmte Industriezweige gibt, die nicht wollen, dass Informationen über die heutigen Fischereiverhältnisse veröffentlicht werden. 

Beim Fisch können wir uns ähnliche Fragen stellen wie bei der Viehwirtschaft und beim Ackerbau. 

Zum Beispiel: 

  • Aus welchem Gewässer kommt der Fisch?
    Aus welchem Meer?
    Aus welcher Aquakultur?
    Aus welcher Teichwirtschaft?
    Oder kommt er vielleicht bereits aus einer Aquaponik-Kultur?

  • Wie hat sich der Fisch ernährt?
    Von anderen Fischen (und ggf. Mikroplastik, d.h. Schadstoffen) aus dem Meer?
    Von Fischmehl und Antibiotika aus Aquakulturen?
    Von Pflanzen und Plankton aus Teichwirtschaft?
    Oder von Indoor angebauten Pflanzenbestandteilen in Aquaponik-Kulturen?

  • Wie wurde der Fisch gefangen?

     

  • Wie wurde der Fisch getötet?
    Auf Eis wie im Mittelmeer?
    Erstickt?
    Mit einem Schlagstock auf dem Kopf plus Kiemenschnitt?

  • Wieviele sonstige Tiere wurden getötet, weil sie ins Netz gingen, obwohl wir sie gar nicht essen wollen?
    Delphine?
    Schweinswale?
    Haie?
    Seevögel?
    Komorane? (das sind die häufigsten…)

  • Wie hoch ist der Bestand? 
    Ist ihre Art am Aussterben?
    Gibt es reichlich von ihnen, sodass sie sich problemlos weiter vermehren können, auch wenn wir sie essen?

  • Haben die Fischer die Quote eingehalten?
    Haben sie einfach die Fische gefangen und ignoriert, ob/wieviele Fische sie aus dem Meer holen dürfen?
    (das passiert wohl sehr häufig, da Kontrollen sehr schwierig umzusetzen sind)

  • Was hat die verarbeitende Industrie mit den Fischresten gemacht?
    Kaufen wir nur Filet?
    Kaufen wir den ganzen Fisch, um selbst alles verwerten zu können?

  • Wer hat den Fisch aus dem Wasser geholt?
    Industrielle Großkonzerne mit Massenfischerei ?
    Ein kleiner familiengeführter Fischereibetrieb?
    Ein einzelner Fischer? (die gibt es so gut wie gar nicht mehr, weil die Massenfischerei die Preise auf ein Minimum senkt und damit den Fischern ihre Existensgrundlage nimmt)

  • Wieviel kostet mich der Fisch und wieviel bekommt davon der Fischer?
    Für 1kg Hering bezahlen wir ca. 10-12€. Der Fischer bekommt 0,38€!!!!! Wo geht der Rest hin?

Viele Fragen können wir uns stellen. 
Das hier sind nur einige. 

In Kenia bekommen Touristen in All-Inklusive Luxus Hotels Fisch aus Australien vom Great-Barrier-Reef vorgesetzt, während der Fisch von den kenianischen Gewässern nach Europa exportiert wird. Die Kenianer selbst finden keine Fische mehr für ihren eigenen Verzehr…..

„Wir sind Teil von einem globalisierten, industriellen Zerstörungsprozess.“
So hat es ein Biologie von der Lighthouse Foundation auf der Lotseninsel ausgedrückt. Diese Worte finde ich sehr passend, wenn ich darüber nachdenke, was ich an diesem Wochenende im August alles gehört habe. 

Ob wir uns an diesem Zerstörungsprozess beteiligen oder nicht, das liegt in unserer Hand. Das ist die gute Seite des Themas. 

Und was machen wir mit diesen Informationen jetzt?

  • Karpfen aus heimischer Teichwirtschaft können wir zum Beispiel essen
  • Fische aus Aquakulturen mit Bio-Filter können wir essen, denn sie bekommen in der Regel kein Antibiotika-Futter (dadurch würde sonst der Filter kaputt gehen)
  • Im Restaurant einfach ein Gemüse-Gericht wählen

Das sind unsere Möglichkeiten. 
Vielleicht fallen euch noch mehr ein?

Unsere Einkaufsentscheidung fängt mit unserem Bewusstsein an. Es ist bereits ein sehr wertvoller Schritt, wenn wir überhaupt erstmal anfangen uns für dieses Thema zu interessieren. 
Zuhören, lesen, unsere Aufmerksamkeit für einen kurzen Augenblick den Meeren, den Fischen und den Fischern widmen, die sonst so komplett von unserem inneren „Bildschirm“ verschwunden sind. 
Das alleine würde wohl schon einen großen Unterschied machen. 
Denn dann fällt unsere Bestellung im Restaurant oder die Entscheidung für Iglu-Fischstäbchen und Tiefkühl-Calamari beim nächsten Mal bestimmt anders aus. 

Wir zusammen können einiges tun – für die Zukunft der Meere!!

Jetzt, nachdem ich all das gelernt habe, stelle ich mir noch mehr Fragen – an das was ich einkaufe und an die Zukunft der Meere. 

Eure

           Tanja

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