Liebe Freunde,
in diesen Tagen, während meinem Aufenthalt im Piemont (Italien), durfte ich so einiges über Haselnüsse lernen.
Eigentlich hat mich das Thema „Haselnüsse“ während meinem vorigen Leben in der Süßwarenindustrie in gewisser Weise stets begleitet, aber über die botanischen Eigenschaften der Pflanze, die phytotherapeutischen Einsatzmöglichkeiten, die ernährungsphysiologische Wirkweise, über den Anbau, die Ernte und den Großhandel wusste ich bisher wenig.
Weltweit gibt es über 20 verschiedene Arten von Haselnusssträuchern und -bäumen. Davon gibt es allerdings nur eine einzige Sorte, die als „Königin der Haselnüsse“ bezeichnet wird: es ist die Sorte „Tonta Gentile Trilobata“ – eine Haselnuss, die nur im Piemont in der Hügellandschaft der Alta Langa wächst. Diese Sorte benötigt ein ganz bestimmtes Mikroklima, das nur hier vorhanden ist. Viele Versuche, diese Sorte in anderen Gegenden der Welt anzubauen, sind gescheitert.

Ursprünglich war dies auch die Haselnusssorte, die ganz zu Beginn für die Herstellung von Nutella (damals noch „Supercrema“ genannt) verwendet wurde.
Haselnüsse und Weinreben gehören zu den am meisten angebauten Kulturen im Piemont. In dieser Gegend gibt es viele kulinarische Spezialitäten (meistens Süßspeisen) mit Haselnüssen.


In der Süßwarenindustrie ist die Haselnuss neben Zucker und Kakao eines der beliebtesten und am meisten eingesetzten Nahrungsmittel. Weil die Menschheit auf der ganzen Welt immer mehr Süßwaren isst, wird dementsprechend immer mehr Anbaufläche benötigt. Großinvestoren haben damit ein großes Geschäftsfeld entdeckt und kaufen ganze Ländereien: riesige Monokulturen und der Einsatz von Pestiziden, Insektiziden, Fungiziden und Herbiziden für industrie- und normgesteuerten Haselnuss-Intensivanbau sind die Konsequenz. Dabei wird darauf geachtet, dass kein Unkraut zwischen den Sträuchern wächst (das wird durch den Einsatz von Herbiziden erreicht), sodass der Boden komplett kahl ist, damit die maschinelle Ernte einfacher wird. Durch die fehlende Biodiversität sind die Sträucher oft anfällig für Bakterien, die die Blätter welken lassen oder den Knospenaustrieb hemmen. Daneben können Insekten (wie zum Beispiel Haselnussbohrer, Schildlaus, Gallmilben, etc.) dazu beitragen, dass die Sträucher Wachstums- und Ertragsschäden erleiden. Bayer und Syngenta liefern den Intensivanbauern passende Chemiebomben, die dazu verhelfen sollen, dass die Sträucher vor Schädlingen bewahrt werden und die Haselnüsse in der von der Industrie verlangten Menge und Größe wachsen können.
Es gibt einen interessanten Artikel (ich verlinke ihn für euch hier), in dem beschrieben wird wie im Ausland riesige Plantagen angelegt werden, um dem Haselnuss-Bedarf der Süßwarenindustrie zu dienen. Daraus geht auch hervor, wie die Mittel von Bayer und Syngenta nicht nur der Umwelt, sondern auch der Gesundheit der Menschen schaden.
Umso mehr habe ich mich daher gefreut, einen Kleinbauern ausfindig gemacht zu haben, der die „Königin der Haselnüsse“ auf kleinen Äckern anbaut und seine Sträucher nach ökologischen Prinzipien pflegt. Mehr als ein Kleinbauer ist es eine ganze Familie, die aus Vater, Mutter, Sohn, Tochter, Schwiegertochter und 7 Angestellten besteht und die mit großer Leidenschaft ein Familienunternehmen mit 40 Hektar Anbaufläche (das ist für diese Gegend sehr viel!) am Laufen halten.
2014 hat die Familie Andreev angefangen Haselnüsse anzubauen und weiterzuverarbeiten, in dem sie die Nüsse nach der Ernte waschen, an der Sonne trocknen, knacken und rösten. Sie verkaufen ihre Nüsse nicht an die Industrie, sondern nur an Privatleute oder kleine Bäckereien und Konditoreien. „Je nachdem an wen man liefert unterscheidet sich die Qualität“ erklären sie mir. „Die meisten Bauern liefern die schlechteste Qualität an die Lebensmittelindustrie, denn dort spielt es nur eine Rolle, ob die Haselnuss der vorgegebenen Norm entspricht. “ Mit BIO-Anbau sei diese Norm meistens nicht zu erreichen, deswegen spezialisieren sie sich auf Öko- und auf Qualitätsanbau und arbeiten somit anders als viele andere: „wir lassen die Haselnüsse so wachsen, wie sie die Natur schafft“. Zwischen ihren Haselnusssträuchern wächst „Unkraut“, der Boden ist also nicht kahl, sondern bewachsen, denn sie setzen keine Herbizide ein. Auch sonst setzen sie kaum Mittel ein, auch wenn sie im Bio-Anbau erlaubt sind.
Die Familie Andreev ist mir sympathisch. Es ist nicht nur ihre Art und Weise wie sie die Pflanzen behandeln, sondern auch ihre Familien- und Erfolgsgeschichte, die mir gefällt. Vater Ilija ist als Saisonarbeiter vor vielen Jahren aus Mazedonien nach Italien gekommen. Als fremder Saisonarbeiter hat er es geschafft, sich in einem anderen Land nicht nur eine Existenz, sondern ein Unternehmen aufzubauen und seiner Leidenschaft für die Landwirtschaft nachzugehen. Wenn ich mir heute das kleine Familienunternehmen anschaue und sehe wieviel Herzblut und Enthusiasmus darin steckt, dann finde ich das bewunderns- und unterstützenswert.
Die Haselnüsse der Familie Andreev nehme ich deshalb mit nach Deutschland. Sie wurden jetzt gerade im August geerntet, geknackt und ganz frisch geröstet. Wenn ihr bei meiner „Vitamin N (Natur)“-Bewegung mitmachen wollt, d.h. wenn ihr gerne die Familie Andreev unterstützen möchtet und euch gleichzeitig für nachhaltigere Landwirtschaft beim Haselnuss-Anbau einsetzen wollt U N D wenn ihr gleichzeitig die „beste Haselnusssorte der Welt“ probieren wollt, dann schreibt mir gerne. 🙂
Eure
Tanja
P.S. vielleicht gibt es ja auch in Deutschland unterstützenswerte Haselnussbauern? Wenn ihr welche kennt, dann schreibt mir gerne (auch wenn sie nicht die „Königin der Haselnüsse“ anbauen) 😉
P.P.S. mit diesen Haselnüssen könnt ihr eure eigene zuckerfreie Bio-Homemade-Haselnuss-Creme herstellen. Es gibt ein Rezept von Ilse Gutjahr für einen unfassbar leckeren und gesunden Haselnussaufstrich (der hat mich während meinem ersten Ausbildungsseminar an der Gesellschaft für Gesundheitsberatung echt vom Hocker gehauen). Ich werde euch das Rezept mal raussuchen und in nächster Zeit hier mit euch teilen.


